Donald Trump bleibt von Facebook gesperrt. Vorerst für sechs Monate. So hat es das von Mark Zuckerberg initiierte und von Facebook mittels einer Stiftung finanzierte Oversight Board entschieden.
Das als eine Art unabhängiges oberstes Gericht erdachte Gremium aus derzeit rund 20 Mitgliedern ist das letzte Symbol eines verzweifelten Kampfes, den Facebook gegen sich selbst führt. Um die gesellschaftlichen Konsequenzen zu kontrollieren, die aus dem Erfolg seiner Technologien entstehen. Und die zunehmend staatliche Ordnungen weltweit bedrohen – zuletzt die amerikanische Demokratie, als sie am 6. Januar beim Capitol-Sturm an den Rand eines Bürgerkriegs kam.
Das 2018 konzipierte und letztes Jahr gestartete Oversight Board sollte eine Antwort auf das Problem liefern, dass sich aus der Selbstregulation von Netzwerken wie Facebook ergibt. Es sollte Nutzern Einsprachemöglichkeiten geben und eine Instanz, um ihre Rechte zu verteidigen. Und Mark Zuckerberg sollte es die Last der Verantwortung abnehmen.
Facebook normalisiert Autokratie
Ein soziales Netzwerk besteht aus drei Elementen: Algorithmen, die Nutzern Inhalte zuspielen und für sie sichtbar machen; der Content-Moderation, die missliebige Inhalte unsichtbar macht, sanktioniert und Accounts stilllegt – und dem Adtargeting, über das sich Netzwerke finanzieren und das Werbung in die Feeds der Nutzer drückt.
Alles wird intransparent vom Unternehmen gesteuert. Facebook schreibt Verhaltensregeln, die es nicht komplett veröffentlicht, und setzte diese mittels einer verborgen agierenden Armee sogenannter Content-Moderatoren durch. Einsprachemöglichkeiten gibt es genauso wenig wie Mitsprache bei der Regulierung.
Facebook und Instagram sind Autokratien. Sie funktionieren nach der Hierarchie des Administrators, der die Spielregeln setzt, den Moderatoren, die die Regeln umsetzen, und den weitgehend rechtlosen Nutzern. Diese Strukturen, in denen wir immer grössere Teile unserer Zeit verbringen, prägen den politischen Geist unserer Zeit, indem sie Autokratie normalisieren. Gleichzeitig sorgen sie für ein Gefühl der Entrechtung und Verschwörungsängste, die sich auch im Capitol-Sturm äusserten.
Er wird so oder so scheitern
Nachdem Facebook mit allen versteckten Massnahmen gegen die seit Monaten laufende Koordination der Aufständischen gescheitert war und am 6. Januar als letztes Mittel Trump abschalten musste, als er die Aufständischen noch mit liebevollen Worten wie «great Patriots» und «We love you» anfeuerte, wüteten Trumps Anhänger. Demokratische Politiker wie Angela Merkel zeigten sich verstört.
Zuckerberg hatte zu viel Macht. Fand auch er selbst.
Am 21. Januar gab er die Entscheidung über Trumps Bann an das Oversight Board ab. Dessen Mitglieder aber haben erkannt, dass ein Gremium, das laut Statuten aufgrund der von Facebook verfassten Regeln zu entscheiden hat und sich zudem auf Zuckerbergs Versprechen verlassen muss, ein Urteil umzusetzen, kein legitimes Urteil treffen kann in so einem schweren Fall. Es hat ihn zurückgegeben.
Mark Zuckerberg steht nun vor einem Problem, dass zu gross ist für Facebook, wie wir es kennen. Egal, in welche Richtung er sich bewegt – er wird scheitern. Entscheidungen mit derartiger gesellschaftlicher Auswirkung benötigen Mitbestimmung zur Legitimation. Dafür müsste der grosse Admin Zuckerberg die Macht an die Nutzer abgeben. Facebook müsste sich demokratisieren.