May 8, 2022

Zerstört das Internet die Demokratie?

Unsere Welt steht am Rande eines Weltkrieges, die Anzahl der bedrohten Demokratien nimmt zu. Ist das Internet daran schuld – oder hat es demokratische Systeme sogar eher gestärkt?

Vor rund 15 Jahren glaubte man im Westen, dass die Welt neuerdings flach sei. Und, vielleicht noch verrückter, dass das Internet Demokratie über diese neue Welt bringen werde. Es galt als Common Sense in den Zentren der liberalen Weltordnung, dass fabelhafte neue Technologien wie "Internet-Browser", "Online-Datentransfers" oder "Internet-Telefonie" Menschen aus Sansibar oder Sibirien den gleichen Zugang zu den Möglichkeiten unserer Welt geben würden wie Menschen in New York. Und dass der Zugang zu Informationen sie allesamt erkennen lassen werde, wie vorteilhaft ein Leben nach demokratischer Façon sei.

So erklärte das etwa Thomas Friedman in seinem epochalen Bestseller The World Is Flat von 2005. "Alles ist nur einen Klick entfernt", schrieb Friedman, die ganze Menschheit schien ihm auf einer Plattform: Die Welt war flach. Das Buch war Ausdruck einer euphorischen Epoche, in der alles zusammenzufließen schien, Business zu Befreiung wurde. Wenn freche junge Start-ups wie Google oder Skype neue Kunden erschließen wollten, sprachen sie von "Demokratisierung": mehr Zugang zu Tools, die Freiheit bringen.

1. 1968–2011: Die Vision

Der Mensch, der das Internet zur Heilslehre gemacht hatte, heißt Stewart Brand, ist heute 83 Jahre alt und lebt auf einem Hausboot in der Bucht vor San Francisco. In den späten 1960ern erlebte der damals 30-Jährige aus nächster Nähe, dass der Traum der Blumenkinder, eine neue Welt aufzubauen, scheitern würde.

Als Herausgeber des "Whole Earth Catalogue" belieferte er Hippiekommunen mit einem Shoppingkatalog voller Tipps und Tools. Und sah sie allerorten kollabieren. Brand studierte an der Stanford University, dort wurde 1969 einer der ersten vier Computer des neuen Internets aufgestellt.

   

Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, wettert auch gerne gegen Anwälte, Linke, Medienhäuser und Minderheiten.        

 

Eigentlich ein Militärinstrument, entworfen für den Atomkrieg, um Kommunikation im Ernstfall aufrechtzuerhalten. Brand aber, zwischen LSD, Vietnamkrieg und Weltuntergangsangst, hatte eine andere Vision: virtuelle Communitys, die im Cyberspace leben könnten. Eine neue digitale Welt, die eben doch Platz bot für Freaks.

Mit seinem "Whole Earth Catalogue" propagierte er fortan "Home-Computer" und deren Vernetzung als Weg in die Freiheit. Apple-Gründer Steve Jobs hat den "Whole Earth Catalogue" als "Bibel" seiner Generation bezeichnet, Jobs baute letztlich, was Brand imaginiert hatte. Dass Harvard-Studenten wie Mark Zuckerberg später "Communitys" ermöglichen wollten, liegt daran, das Brand solche "Visionen" normalisiert hatte. Genauso wie das Selbstverständnis der Techwelt, einer "Revolution" anzugehören. Alles Spuren von Brands Traum – der dem Internet einen größeren Sinn verlieh.

So wurde Brand zum Platon des anbrechenden Webzeitalters. 2011 sah es dann aus, als habe man nun endlich den Beleg für die Prophezeiung – als die Massenaufstände des Arabischen Frühlings auf Facebook begannen und mit Facebook gewannen. Also zumindest die Herrscher stürzten. Denn die Demokratie brachten sie seltsamerweise nicht.

2. 2016–2021: Schocktherapie

Bevor wir die Story am 3. Dezember 2016 veröffentlichten, hatten wir monatelang Material gesichert. Auch die Youtube-Clips, in denen dieser Geschäftsmann mit dem vornehm angedeuteten Stottern, das sich britische Eliteschüler so gern zulegen, erklärte, dass sein Unternehmen über jeden Wähler in den USA "tausende Datenpunkte" habe.

Dass man daraus "psychologische Profile" erstelle, um dann Wähler gezielt zu "targeten". Das Logo des Unternehmens: ein als Netzwerk stilisiertes transparentes Gehirn. Darunter der Name: Cambridge Analytica. Vielleicht war alles nur Marketing. Gleichzeitig arbeitete dieses obskure Unternehmen für die zwei aussichtsreichsten konservativen Kandidaten um den mächtigsten Job der Welt. Ted Cruz und dieser seltsame Populist, dessen Aufstieg damals die Welt verblüffte: Donald Trump.

   

Zuckerberg beschäftigt bei Facebook bis zu 35.000 Content-Moderatoren, die den drei Milliarden monatlichen Usern sagen, was sie dürfen und was nicht.        

 

Seit Jahren hatten der Mathematiker Paul-Olivier Dehaye, ich und Forscher wie Wolfie Christl, Leiter von Cracked Labs, dem Wiener "Institut für kritische digitale Kultur", versucht ans Licht zu bringen, wie Unternehmen im Netz die Naivität der Nutzer missbrauchten, persönliche Daten sammelten und Milliarden damit machten.

Databroker verkaufen Daten über Personen im Großpack: Einkommen, Adresse, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Freundeskreise usw. Marketer erstellen daraus Profile, Werber zugeschnittene Infos, Ads oder Posts, die sie gegen Zahlung direkt in die Feeds bei Tiktok, Facebook, Twitter, Youtube und Co schieben können. Microtargeting nennt es sich, und das Ergebnis ist die Perversion von Stewart Brands Hippietraum: Jeder erlebt auf Social Media seine eigene virtuelle Realität. Kommerziell erzeugt, um uns zum Kauf zu bringen – oder zur Wahl.

Als Trump im November 2016 gewann, waren viele überrascht. Im Dezember erschien unsere Recherche zu Cambridge Analytica – und ging viral. Der Fall machte plötzlich plastisch, wie riskant unser Vertrauen auf die positive Kraft des Webs in Wahrheit war. Und unser Text war nur ein kleiner Tropfen in einer Flut von Enthüllungen: von russischen Trollfabriken bis zu mazedonischen Teenagern, die Millionen mit Fake-News auf Facebook verdienten; von rassistischen und polarisierenden Algorithmen bis zu Verschwörungstheorien und Frauenhass auf Social Media.

Heute kennen wir das alles. Wir wissen, wie durch Microtargeting die Öffentlichkeit in sozialen Netzwerken fragmentiert wird; dass gezielt Desinformation zugespielt wird, teils durch Staaten; dass Algorithmen auf Social Media radikale Posts stärker verbreiten, weil diese uns am stärksten emotional stimulieren, unsere Aufmerksamkeit fordern – und so letztlich unsere Gesellschaft in einen anhaltenden Ausnahmezustand gedriftet ist. Der durch Social Media geschaffene permanente Direktzugang in unsere Hirne hat es so leicht gemacht, uns zum Schreien zu bringen.

Erste Gewinner waren die Clowns und die radikalen Ränder: AfD, Beppe Grillo, Bolsonaro, Duterte, Johnson, Orbán, Putin, Strache und Trump. Politische Verlierer wurden die Mitte, die Differenzierten, die Langweiligen – die Demokraten.

2019 lancierte Netflix die erfolgreiche Doku The Great Hack. Gemeint mit dem "Hack" war die Demokratie an sich. Die "Hacker" waren Cambridge Analytica, Politsöldner, finanziert von Milliardären wie Robert Mercer, die die Macht suchten. Doch die liberale Ordnung wurde auch von unten in die Zange genommen: durch digitale Communitys, die von allein wucherten, wie die QAnon-Gemeinde. Spätestens als am 6. Jänner 2021 ein selbsternannter QAnon-Schamane durch das Kapitol in Washington lief und ein von Verschwörungstheorien befeuerter Mob das Parlament der wichtigsten Demokratie der Welt demolierte, schien klar: Das Netz brachte nicht Demokratie, das Netz zerstörte die Demokratie.

3. Kurzer Factcheck

Der Niedergang der Demokratie ist wahr und messbar. Regelmäßige Studien wie der jährliche "Demokratieindex" des Economist belegen ihn. Demokratie ist die Ausnahme. Etwas über sechs Prozent der Menschen leben in einer laut Studie "echten Demokratie". Weniger als die Hälfte der Menschheit, 45,7 Prozent, lebt in einer weniger lupenreinen "Art von Demokratie". 2021 war für die Demokratie das schlechteste Jahr einer Dekade.

Gleichzeitig steigt der Anteil der Menschen, die angeben, an Demokratie zu zweifeln. Doch was schwierig messbar ist, ist der Zusammenhang zwischen Internet und Demokratie. Schon 2014 hat der US-Demokratieforscher Larry Diamond von einer "Rezession der Demokratie" gesprochen und deren Beginn in den späten 1990ern angesetzt. Damals allerdings war das Internet nur ein Randphänomen.

Vorderhand zeigen die Statistiken, dass der Niedergang der Demokratie in jenen Regionen am stärksten, in denen das Netz am weitesten verbreitet ist – in Westeuropa und Nordamerika. Gleichzeitig beweisen ausgerechnet Autokraten, dass sie das Internet als Bedrohung empfinden – wenn sie Social Media blockieren wie in der Türkei, ihr Internet regional isolieren wie in China, Iran oder Russland oder gleich ganz abschalten wie kürzlich in Kasachstan.

Kann "das Internet" schuld sein am Niedergang der Demokratie – oder löst hier ein Märchen das andere ab? Je genauer man hinschaut, desto unklarer wird es. Verstärken die Social Media Polarisierung? Unklar! Kann es sein, dass man in Social-Media-"Echokammern" sogar mehr widersprechende Meinungen erfährt, als wenn man nur Zeitung lesen würde? Das ist Stand der Forschung. Um die Situation zu erkennen, müssen wir Abstand nehmen.

4. Die Reformatierung

Im Jahrhundert vor dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) kumulierten Konflikte. Eine Religionskrise verschmolz mit Erbfolgestreitigkeiten, und ein überraschender Klimawandel verstärkte Hunger und Endzeitstimmung. Zunehmend aber verschmolz alles zu einem großen, anhaltenden Krieg.

   

Ausgerechnet Autokraten empfinden das Internet als Bedrohung – etwa wenn sie wie in China ihr Internet regional isolieren.        

 

Zusammen brachte die Konflikte ein junges Medium: der Buchdruck. Flugblätter verbreiteten Kampfschriften, Lästereien und Visionen neuerdings schneller, weiter, in neue Räume, wo sie mit anderen Ideen kollidierten. Weil es günstiger wurde, seine Positionen zu verbreiten, konnten neue Akteure auftreten. Der Steve Jobs von damals hieß Gutenberg. Die Killer-App seines Buchdrucks fand ein religiöser Fundamentalist. Die Lutherbibel wurde das bei weitem meistverkaufte Druckwerk der Epoche. Vor dem Dreißigjährigen Krieg tobte ein Informationskrieg, Papier war sein Medium und Katalysator.

Der Buchdruck machte die Welt erst einmal nicht besser, und er verbreitete auch nicht die Demokratie, sondern Konflikte. Er schuf neue Herrschaftsstrukturen. Der Dreißigjährige Krieg und die Reformation führten zu einer Neuordnung von Staatlichkeit und Souveränität in Europa. Die US-Historikerin Elizabeth Eisenstein hat gezeigt, wie das Aufkommen des Buchdrucks die Gesellschaft veränderte, von der europäischen Euphorie des Erasmus von Rotterdam über die Reformation bis zur Renaissance. Der Medienphilosoph Marshall McLuhan behauptete, jeder Medienwandel ändere "die Stammesorganisation".

Im heutigen Medienwandel bringt uns das Internet genauso wenig die Demokratie wie damals das Papier den Weltfrieden. Stattdessen trägt das Netz dazu bei, dass sich heutige Konflikte kumulieren, von der Energiewende, die weltweit gewaltige Geldströme und Abhängigkeiten verändert, über den Klimawandel, der unsere Lebensräume verändert und unsere Nahrungsmittelversorgung bedroht, bis zur geopolitischen Wende zu einer bi- oder multipolaren Struktur.

Die Krise der Demokratie ist in Wahrheit Ausdruck einer Neuformatierung der Gesellschaft. Die Frage ist: Welche Ordnung wird das neue Medium hervorbringen? Und hier tobt der wahre Kampf um die Demokratie.

5. Pyramiden

Social Media sind jener Teil des Internets, der für die politische Organisation am relevantesten ist. Weil Plattformen perfekte Machtwerkzeuge sind. Nicht nur können sie Infos noch günstiger, noch schneller, noch weiter tragen als Papier. Flugblätter flattern im Wind – Posts können gezielt zugestellt werden.

Auf Social Media lässt sich ein Echtzeit-Feedback-Kreislauf zwischen Sender und Empfänger herstellen. Und damit die Koordination von Menschen, die Bildung von Bewegungen. So kam es zum Sturm aufs Kapitol, und es zeigt sich auch beim Microtargeting: Werbende nutzen es, weil sie hier 1) zielgerichtet Individuen oder Gruppen adressieren können, 2) die Reaktion der Empfänger sehen und dann 3) ihre Nachrichten anpassen können.

Alle digitalen Medien, die Echtzeit-Feedback-Kreisläufe ermöglichen, sind Plattformen. Sie haben Macht über die Macht. Denn die Koordination von Menschenmassen in Echtzeit ist Macht. Wer aber diese Macht bekommt, wem sie entzogen wird, entscheidet die Plattform.

Die innere Herrschaftsstruktur großer Plattformen ist streng pyramidal: Admins, Moderatoren, User. Sie stammt aus der Internet-Steinzeit der Bulletin Boards, digitaler Schwarzer Bretter, wo ein Admin festlegte, wer wann was auf seinem Server posten konnte. Dann wenden die vom Admin instruierten Moderatoren diese Regeln auf rechtlose, jederzeit löschbare Nutzer an. Zuckerberg und Co legen diese archaische Regierungsform einfach auf Milliarden Menschen um.

Plattform-CEOs sind in der digitalen Pyramide die obersten Admins, sie legen die Gesetze fest. Zuckerberg beschäftigt etwa bei Facebook bis zu 35.000 "Content-Moderatoren", die den drei Milliarden monatlichen "Usern", sagen, was sie dürfen und was nicht. Und sie gegebenenfalls löschen. Es waren Mark Zuckerberg und Jack Dorsey persönlich, die Donald Trump von der Plattform schmissen.

Deswegen gründete Donald Trump hernach sein "Truth"-Netzwerk, deswegen versucht die Europäische Union, die Plattformen mit dem Digital Services Act zu bändigen.

   

Vitalik Buterin, geboren 1994, wird in der Geschichtsschreibung der kommenden digitalen Welt eine wichtige Rolle spielen.        

 

Plattformen sind archaische Autokratien – die den politischen Diskurs beherbergen. Und so normalisieren Plattformen heute Autoritarismus. In all den Stunden, die wir auf Plattformen verbringen, leben wir in Autokratien. Wir sind freiwillig in Diktaturen eingezogen und haben uns angewöhnt, die Regulation des digitalen demokratischen Diskurses aus Kundenperspektive, als "Nutzer", statt als Bürger zu erleben.

Symptom dieser Diskussion sind "Free Speech"- und "Cancel-Culture"-Debatten. Es sind Kundenbeschwerden. Soll Zuckerberg doch besser aufräumen! Wer moderiert denn bitte den Ukraine-Krieg? Löscht Nehammer! Auf Plattformen hat niemand ein Existenzrecht, und der Chef kann alle löschen.

Das ist eine zusätzliche akute Gefahr. Denn Plattformen sind käuflich. Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, versucht gerade das einflussreichste Medium aller Zeiten zu übernehmen – und wird es wohl schaffen. Bereits hetzt er gegen Anwälte, Linke, Medienhäuser, Minderheiten. Eine Eskalation von Twitter könnte Bürgerkriege lostreten. Oder wie verheerend wäre ein sauber geführter Meinungsapparat, der sich nach politischen Vorlieben von Elon Musk richtet? China managt seine Bevölkerung mittels Plattformen wie Weibo.

Auf Social Media können wir zwar herumschreien, aber nicht mitbestimmen. Die Mitsprache über die Regeln unseres Zusammenlebens, die wir uns in der physischen Welt erkämpft haben, gibt es nicht. Und deswegen gibt es einen Aufstand zum Umbau des Web.

6. Eigentumswohnungen

Im Sommer 2015 traf ich in Zug, der Hauptstadt der Schweizer Briefkastenfirmen, einen auffällig dünnen 21-Jährigen namens Vitalik Buterin. Er wurde von der damals noch jungen Welt der Blockchain-Enthusiasten verehrt wie ein Gott. Denn er sah mehr in der Blockchain-Technologie als nur die Möglichkeit, fälschungssichere Bitcoins damit zu erstellen: Er sah die Möglichkeit, das Web neu zu erfinden.

Denn die Blockchain ist eine soziale Technologie. Sie funktioniert über Mitwirkung anderer. Um eine Handlung im System zu gewährleisten, müssen andere Systemteilnehmer sie beobachten und registrieren können. Die Blockchain wird daher oft mit einem öffentlichen Kontobuch verglichen, das ständig erneuert wird (daher "Kette"). Das Neue an diesem Protokoll ist, dass es nur zusammen geht, und zwar über Wahlentscheidungen. Solange die Teilnehmer mehrheitlich dafür sind, kann man alles zusammen entscheiden.

Buterin nannte das Dezentralisierung. Es gab in seiner Vision keinen allmächtigen Mark Zuckerberg oder Elon Musk mehr. Es gab Systemteilnehmer, die Voice hatten, also Mitsprache, und Besitz, auch an sich selbst, also von niemandem gelöscht werden können.

Mehr noch als um Politik aber ging es ihm um materielle Fragen. Vitalik Buterin, geboren 1994, wuchs auf in einer Welt, in der das Digitale zuerst kommt. In der das, was man im Digitalen erzeugt, die Lebensgrundlage ist. Er ist ein "Creator", ein Erschaffer von Software, hat digitales Geld und lebte vom Computerspielen. Für ihn war eine zentral gemanagte Plattform, in der ihm ein Musk alles wegnehmen könnte, existenziell bedrohlich.

In der Geschichtsschreibung der kommenden digitalen Welt wird Buterin eine wichtige Rolle spielen. Als ein Ahnherr des Web 3. Das Web 3 ist der Nachfolger des chaotischen Web 1 der 1990er, in dem wir alle zu Sendern wurden und uns der Vormundschaft entzogen, jenes Web, das Friedman bejubelte; das dann aber abgelöst wurde durch das neofeudale Web 2 der heutigen Welt der Plattformen, die uns zwar alle ins Netz holten, uns ein kostenloses Reihenhaus anbieten und uns erlauben, uns mit anderen auszutoben – aber nur, soweit es ihnen nutzt. Im besten Fall geben sie uns einen Bruchteil der Einnahmen, die sie mit von uns erstellten Inhalten machen. Im schlimmsten löschen sie uns.

Buterin ist ein Vertreter einer künftigen Welt von Menschen, für die sich die Web-2-Plattformen nicht lohnen. Weil sie ihnen zu wenig geben. Er braucht digitales Eigentum und Mitbestimmung. Dafür schuf er die Ethereum-Blockchain, kreierte eine Software-Sprache und legte die Grundlage für tausende Anwendungen. Daraus und aus ähnlichen Versuchen erwächst derzeit Web 3. Es ist noch unklar, was es wird. Noch buggt und fällt es aus. Es wird bewohnt von Glücksrittern, Banditen und Vertriebenen. Es ist die nächste Neue Welt.

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